25.11.1971

Inbetriebnahme der Rennschlitten- und Bobbahn Oberhof 1971

Die Rennschlitten- und Bobbahn Oberhof (RSBO) - die seit Anfang Januar 2020 den Namen LOTTO Thüringen ARENA Oberhof trägt - wurde 1971 als zweiter künstlich vereisbarer Eiskanal der Welt eingeweiht. Die ersten Fahrten auf Kunsteis fanden am 25. November 1971 statt. Dabei erreichte der Oberhofer Wolfgang Scheidel das Ziel in 49,751 Sekunden. Der erste offizielle Rennlauf  folgte anlässlich der DDR-Meisterschaften im Rennrodeln am 18. Dezember 1971, der erste internationale Vergleich im März des Folgejahres und war zugleich der Testlauf für die Weltmeisterschaften 1973. Bemerkenswert: Der Internationale Rennrodelverband (FIL) vergab die WM noch bevor die Bahn fertiggestellt war. Im Januar 1974 folgte der erste Bob-Wettkampf auf Kunsteis.


Die Planung

Mit der Planung des Bahnverlaufes und der Berechnung der Kurvengeometrie war ab 1968 die Staatliche Projektierung Sportbauten mit Sitz in Leipzig betraut. Das Stuttgarter Planungsbüro Deyle, das bereits die Bahn am Königssee projektierte, begann mit den Planungsarbeiten für das Kältesystem in der Bahnschale im Jahr 1969. Als Bauleiter fungierte der Bauingenieur Dieter Schmidt aus Schmiedefeld am Rennsteig, der bereits zehn Jahre vorher beim Bau der Hans-Renner-Schanze im Kanzlersgrund tätig gewesen ist. Im oblag es auch, den Standort der neuen Bahn zu bestimmen. Einzig der Fakt, dass sich die ausgewählte Position im Einzugsgebiet der Ohra-Talsperre befand, stellte zunächst ein Problem dar. Schließlich kam es jedoch zur Einigung zwischen der Sportführung der DDR, den Naturschützern und Wasserwirtschaftlern.


Der Bau

Das Straßen- und Tiefbaukombinat aus Suhl begann im Mai 1970 mit den Erdarbeiten. Jugoslawische Firmen, die zuvor die Hotels Panorama und Rennsteig gebaut hatten, übernahmen die Betonarbeiten. Die Einschalung des Bahnkorpus bereitete jedoch Probleme, da man es zuvor nur mit geraden Flächen zu tun hatte. Entsprechende Informationen aus Königgsee wurden eingeholt, wo Parkettleger aus Italien die Schalungen der Kurven vor Ort ausgeführt haben. Aus Zeitgründen war eine solche Vorgehensweise am Grenzadler jedoch nicht möglich, da die Bahn 1971 rechtzeitig zum Training für die Olympischen Winterspiele 1972 (Sapporo) stehen sollte.  Einheimische Konstrukteure lösten schließlich das Problem, indem sie durch Großrechner Querprofile der Bahn berechnen ließen, die als Stahlkonstruktion ausgeführt werden konnten.

Die Baufirma des Bauingenieurs Ulrich Müther entwickelte zusammen mit dem WTZ für Sportbauten Leipzig das Betonspritzverfahren, der erstmals zum Bau der Oberhofer Bahn zum Einsatz kam. Auf separate Kurvenabschnitte aus Drahthetz wurde Beton aufgespritzt, ohne dabei eine Schalung zu verwenden. An der Stelle der späteren Bahn wurden Betonfundamente erstellt, auf die später Stahlträger aufgebracht wurden. Auf die Stahlträger wurden dann parallel zueinander verlaufende Kälterohre verlegt. Anschließend erhielt die Konstruktion ein stabilisierendes Stahlnetz.

Abschnitte von je 60 Metern Länge waren am Grenzadler vormontiert worden und wurden zur Baustelle transportiert. Die einzelnen Segmente wurden dann vor Ort zusammengefügt. Diese Methode war so überzeugend, dass später sämtliche Bahnen nach diesem Baukastenprinzip errichtet wurden.

Die Einbetonierung des gesamten Stahlgerüstes geschah vom 6. September bis 6. November 1970 in binnen von lediglich zwei Monaten. Im Winter 1970/71 folgte der Bau des Kältemaschinenhauses. Im Frühjahr 1971 erfolgten die ersten Vereisungsversuche. Man begann an der untersten Kurve und verlegte den Start jeweils eine Kurve nach oben. Der Rennrodler Lutz Anschütz war dann der erste Fahrer, der vom obersten Punkt der neuen "Eisschlange" startete.

Die finalen Verkabelungen erfolgten im Sommer 1971. Die Baukosten beliefen sich auf 35 Millionen Mark. Mit der Fertigstellung Ende des Jahres wurde die Wadebergbobbahn als letzte natürlich vereiste Bahn in Oberhof abgelöst.

Galerie